Biographie von Sigurd Franzke
Sigurd Franzke wurde am 03.01.1912 als Sohn des Kaufmanns Alexander
Franzke, und seiner Ehefrau Elsa, geb. Raths, in Rixdorf, Kreis Teltow
geboren. Geschwister hatte Sigurd Franzke keine.
Der Vater soll an der nervlich bedingten Erbkrankheit Veitstanz gelitten haben.
Sigurd Franzke besuchte das staatliche Gymnasium in Berlin-Neukölln.
Mit 13 Jahren bekam er eine Gehirngrippe, hatte danach häufig Kopfschmerzen. Er wohnte bei seinen Eltern in der Britzkestraße 1.
Das Abitur legte er im Jahre 1930 ab.
Danach wollte er eine Laufbahn als Sanitätsoffiziersanwärter einschlagen.
Da er diese Laufbahn erst im April 1931 hätte beginnen können, entschloss
er sich zunächst eine Anstellung als Bürohilfsarbeiter beim Kreisausschuss
des Kreises Teltow anzunehmen.
Im Sommer 1931 begann er ein Medizinstudium an der Universität Berlin.
Dieses setzte er bis zum Jahre 1934 fort. 1932 arbeitete er im Krankenhaus
Neukölln, kam verstärkt mit vor allem politisch Gleichgesinnten in Kontakt.
Er trat 1932 in die NSBO ein, einer betriebsbezogenen Organisationsform der
NSDAP. Während dieser Studienzeit, nämlich im Jahr 1933, trat er in
die SS ein. Er hatte mehrere gleichgeschlechtliche Beziehungen, die alle von
recht kurzer Dauer waren. Aber es gab auch die eine oder andere Beziehung zu Frauen. Einige Zeit später begann er eine sexuelle Beziehung zu einem anderen SS-Mann. Sie schrieben sich Briefe,
benutzten Decknamen.
Wegen finanzieller Schwierigkeiten seines Vaters musste er das Studium
abbrechen, ohne das fällig gewesene Vorexamen ablegen zu können.
Er ging zunächst für ein halbes Jahr zur Landhilfe und verdiente sich dann
durch Übernahme von Vertretungen Geld. Im Jahr 1933 soll er einen Nervenzusammenbruch erlitten haben, er fühlte sich zwischen Frauen und Männern hin und hergerissen, wollte sogar schon
einmal seine damalige Freundin heiraten, hatte aber mit großer Wahrscheinlichkeit Minderwertigkeitskomplexe wegen der Erbkrankheit seines Vaters. Später im Gefängnis attestierte man ihm sonst
keine Charakterfehler. In seiner Beschreibung heißt es: mittelgroßer Mann in gutem Ernährungszustand, blass, Gesicht etwas feminin.
Im Jahre 1934 nahm er sein Studium erneut auf und legte im März 1937
den ersten Teil der ärztlichen Vorprüfung ab. Ab März 1937 trat er der NSDAP
bei. Ein Jahr zuvor agierte er bereits als Oberscharführer der Sanitätsabteilung III der SS, Franzke wurde als „korrekt“ beschrieben.
Er wirkte fast ausnahmslos ernst, nahezu schwermütig, galt als übernervös,
versah seinen Dienst bei der SS aber mit großem Diensteifer und
Interesse.
Er wollte den zweiten Teil der Prüfung im Herbst 1938 ablegen, aber es kam
die Mobilmachung dazwischen. Er meldete sich dann zum nächstmöglichen
Prüfungstermin an, zum Frühjahr 1939.
Am 04. März 1939 wurde Sigurd Franzke verhaftet, degradiert und ist aus der Schutzstaffel ausgestoßen worden, am 13.05.1939 wegen
widernatürlicher sexueller Neigungen zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Laut Vernehmungsprotokoll nahm er von diesen Neigungen in letzter Zeit Abstand, beteuerte, diese zu bedauern, verstand angeblich nicht mehr, wie es soweit kommen konnte. Er dachte im Gefängnis
oft über seine Verfehlungen nach. Dies nützte ihm aber alles nichts mehr.
Sigurd Franzke wurde Ende Oktober 1940 zunächst ins KZ Sachsenhausen deportiert, dann am 08.09.1941 nach Groß Rosen (im heutigen Polen) gebracht, der letzte Transport ging am 17.03.1942 in die
Tötungsanstalt der Aktion T4, nach Bernburg, wo er dann am 26.03.1942 ermordet wurde.
Mit großer Wahrscheinlichkeit haben sich seine Eltern um seine Beisetzung gekümmert, denn Sigurd Franzkes Urne wurde am 21. April 1942 in Berlin
beigesetzt.
Seine Begräbnisstätte (Kriegsgräber) befindet sich auf dem alten Friedhof
Koppelweg in Britz .
Recherche: K. Kuhrt
Quelle: Landesarchiv- Berlin (Eichborndamm)
ARep. 358-02-Mikrofilm Nr. 21831
Um mehr über Sigurd Franzke zu erfahren, hat der Verein proNeubritz im Museum Neukölln, dem Bundesarchiv in Berlin, der Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen, dem Museum Groß Rosen in Rogoznica sowie der Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg recherchiert.